FRAGE:
Ich arbeite im Bereich Jura, welcher voller Unklarheiten hinsichtlich Auslegung und der Art und Weise seiner Anwendung in der Praxis ist. Was die Situation meiner Mandanten anbelangt, gibt es daher oft viele Uneindeutigkeiten und damit verbundene Risiken. Als Folge dessen mache ich mir oft Sorgen darüber, ob die Ratschläge, die ich gegeben habe oder die Projektarbeit, die ich durchgeführt habe, gründlich genug waren und, ob womöglich ein Teil der Problematik übersehen wurde. Für mich persönlich ist diese Angst eines der beunruhigendsten und zerstörerischsten Gefühle. Oft tritt sie gemischt mit einem Gefühl der Beklemmung auf, was den Geist entsprechend unruhig macht.
ANTWORT:
Unser Geist sollte unser Diener sein. Er ist ein Instrument, das wir nutzen, genauso wie wir unsere Füße zum Gehen benutzen. Wir haben die Kontrolle über unsere Füße, sie gehen nicht einfach wahllos umher. Der Geist ist jedoch völlig unbeständig. Er schweift hierhin und dorthin und macht sich über dies und jenes Gedanken. Wer materiellen Besitz hat, ist ständig in Angst. Ein Präsident fürchtet, dass er bei der nächsten Wahl verlieren wird. Furcht ist im materiellen Leben immer präsent. Wer Macht hat, hat auch Angst sie zu verlieren. Leid entsteht weitestgehend aus der Furcht in Zukunft das zu verlieren, was man hat. Die Zukunft existiert jedoch nicht im Jetzt und sich Sorgen darüber zu machen, ändert nicht, was in der Zukunft geschehen wird. Sich Sorgen zu machen ändert auch nichts an den Handlungen der Vergangenheit. Sorgen nehmen einem lediglich die Möglichkeit, den gegenwärtigen Moment in Ruhe zu erleben. Inneren Frieden kann man erlangen, wenn man sich nicht als den Handelnden sieht. Die beste Vorgehensweise ist, seine Pflicht zu tun, seine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen zu erledigen und sich anschließend dem sich folgernden Ergebnis zu fügen. Mach dir keine Gedanken darüber, ob du deinem Mandanten gefallen oder missfallen wirst oder ob du nicht gründlich genug warst. Vertraue darauf, dass du in der gegebenen Situation dein Bestes getan hast. Lass dich von der Harmonie, die du in der Natur siehst, leiten. Schau dir die Sonne an. Glaubst du, dass sie sich jeden Tag Sorgen macht, ob sie ihre Strahlen ausreichend verteilt? Die Sonne bewegt sich einfach anmutig über den Himmel, tut ihre Pflicht und bleibt in jedem Moment präsent, während sie auf uns herabscheint. Kommen Wolken auf, so tut die Sonne trotzdem ihr Bestes, um uns mit ihren Strahlen zu berühren. An den Tagen jedoch, an denen sie uns nicht erreicht, macht sie sich keine Sorgen. Sie zeigt sich einfach, erfüllt ihre Pflicht und nimmt hin, was immer kommt. Vertraue darauf, dass jedes Ergebnis, das sich dir bietet, das perfekte Ergebnis ist. Selbst wenn du verklagt wirst oder Schlimmeres, ermöglicht dir dieser Ausgang doch etwas über dich selbst zu lernen und spirituell zu wachsen.
ÜBUNG:
Einige der oben genannten Ratschläge hast du vielleicht schon einmal gehört. Selbst wenn sie für dich neu sind, sind sie wahrscheinlich leicht verständlich. Die Umsetzung in die Praxis ist allerdings nochmal etwas anderes, und genau darum geht es in der vedischen Psychologie. Der raffinierte Geist wird umso mehr dafür tun, dich zu beherrschen, je mehr du versuchst, ihn zu beherrschen. Deine Ängste und Zweifel bezüglich deiner Arbeit werden noch stärker, wenn du versuchst, deinen Sorgen keine Beachtung zu schenken und im gegenwärtigen Moment zu bleiben. Es ist wie bei Zweijährigen beim Versuch eine Regel durchzusetzen, z. B. dass es keine Süßigkeiten mehr gibt. Sie schreien immer lauter und werden immer fordernder und setzen alles daran, dich so lange zu reizen, bis du ihnen das Bonbon gibst. Bei wahrer geistiger Veränderung ist dieser Mechanismus häufig am Werk – es wird schlimmer, bevor es besser wird. Du kannst, wenn du dieses Muster des Geistes kennst, deine Buddhi bzw. Intelligenz nutzen, um den ununterbrochenen Sorgen und Ängsten nicht zu erliegen, die der Geist in erhöhter Geschwindigkeit und Intensität hervorbringt.
Zudem gibt es eine praktische Übung, die bei der Bewältigung von Sorgen und Ängsten hilfreich sein kann.
Worst-Case-Szenario
Bringe deine größte Angst zu Papier, jene Furcht, die dich ständig plagt. Oft fürchten wir uns vor unserer größten Angst so sehr, dass wir sie uns nicht klar und gründlich anschauen. Wir haben das Gefühl, dass sie zu überwältigend ist und, dass sie noch größer werden könnte, wenn wir sie betrachten. Deshalb versuchen wir gewöhnlich sie ganz zu meiden. Heilung findet jedoch statt, wenn wir unsere Furcht annehmen. Indem du dich deiner Angst direkt zuwendest und dir erlaubst, die damit verbundenen Gefühle wirklich zu fühlen, kannst du deine Angst besiegen. Schreibe alle Details auf, die dir zu deinen größten Sorgen und Ängsten durch den Kopf gehen. Zum Beispiel: Du hast einen großen Fehler gemacht, weil du nicht gründlich genug gearbeitet hast. Du wirst verklagt und musst deine Tätigkeit als Anwalt aufgeben. Jetzt kannst du deine Familie nicht mehr ernähren, du hast sie im Stich gelassen und fühlst dich als Ehemann und Vater als Versager. Konzentriere dich beim Schreiben auf deine Gefühle bezüglich dieser Angst. Schenke deine Aufmerksamkeit nicht deinen Gedanken, dem pausenlosen Film, der in deinem Kopf abläuft, sondern nur deinen puren Gefühlen (z. B.: deprimiert, verängstigt, erschrocken, inkompetent, wertlos, wütend, frustriert, gereizt, usw.). Schreibe auf, warum du denkst, dass du diese Gefühle hast. Gehe so tief wie möglich zum Ursprung dieser Gefühle. Woher kommen sie?
Nachdem du über deine schlimmste Angst geschrieben hast, setze dich hin und schaue dir ein Bild von Krishna an oder betrachte Krishnas Deity. Schließe die Augen und atme drei Mal tief in den Bauch ein. Entspanne dich und öffne deine Augen wieder. Lies Sri Krishna vor, was du über deine Ängste geschrieben hast. Spüre Seine Gegenwart, während du Ihm deine Ängste und Sorgen mitteilst. Lasse Ihn bei dir sein. Lasse deine überwältigenden Gefühle heraus, auf welche Weise auch immer sie sich ausdrücken wollen. Gib dir selbst die Erlaubnis loszulassen und zu weinen, zu schluchzen oder zu zittern, oder was auch immer nötig ist, um diese Gefühle anzuerkennen und sie aus deinem Geist und Körper zu eliminieren. Lies Krishna anschließend den Brief ein zweites Mal vor, und zwar so langsam, wie du nur kannst. Schau nach jedem Satz auf und halte inne. Fühle, was da ist. Stelle fest, ob du Seine Präsenz bei dir spüren kannst. Schau, ob du spüren kannst, was Er dir sagen würde. Welchen Rat würde Krishna dir geben? Was würde Er dir sagen, um dich zu trösten? Lasse deinen Geist ruhig werden und schreibe auf, was du von Krishna kommend wahrnimmst. Trage Seine Worte immer bei dir und sieh sie dir jedes Mal an, wenn diese lästigen Sorgen und Ängste wieder auftauchen. Jedes Mal, wenn du die Worte liest, wird eine neue positive Impression im Geist entstehen. Diese Impressionen werden die Sorgen und Ängste nach und nach ersetzen.